Ein eindrückliches Beispiel für den Einsatz offener Technologien ist die Bundespolizei: die Behörde setzt Pentaho für die Integration von Daten und ihr Data Warehouse ein. Projektverantwortlicher ist Michael Becker, Erster Polizeihauptkommissar. Im Vorfeld des Pentaho User Meetings habe ich mich mit ihm über das Flagship-Projekt unterhalten.
Herr Becker, Sie betreiben eine der größten Data Warehouse-Installationen in der Bundesverwaltung. Worum geht es bei Ihrem Projekt?
Die Bundespolizei setzt heute zur Erfüllung des gesetzlichen Auftrages vollständig auf EDV-Systeme. Konkret reicht das von der Vorgangsbearbeitung über die Einsatzsteuerung und Einsatzplanung, der Zeiterfassung und Abrechnung bis hin zur Personalverwaltung. Um diese Hauptsysteme existieren etliche zusätzliche Fachsysteme, die spezifische Fachprozesse abbilden. Die meisten der Systeme sind organisch gewachsen und standen früher jeweils für sich.
Heute ist es notwendig, durch eine Kommunikationsebene zwischen den Systemen einen Mehrwert für die Bundespolizei zu generieren, ohne die Quellsysteme ändern oder ersetzen zu müssen. Leitgedanke ist dabei insbesondere die Einmalerfassung von Daten und der mehrfache Nutzen daraus. Hier nun kam für uns Pentaho ins Spiel. Durch den sehr weit gefassten “Werkzeugkoffer” an Tools rund um ETL-Prozesse waren wir erstmals in der Lage, schnell und effizient automatisierte Prozesse zu generieren, die Daten immer genau dort bereit stellen, wo sie gebraucht werden.
Ein kleines Beispiel soll das erläutern. Wird ein Kollege von seiner Dienststelle, z.B. in Berlin, nach Frankfurt an den Flughafen versetzt, findet sich dieser Schritt in der Personalverwaltungssoftware wieder. Im Einsatzleitstellensytem wird diese Information aber auch unmittelbar benötigt, um den Kollegen dann sofort auf seiner neuen Dienststelle für Einsätze disponieren zu können.
Früher war hier manueller Aufwand notwendig, diese Daten im Einsatzleitstellensystem nachzupflegen. Eine Integration oder Verbindung der Systeme bestand nicht. Heute gleicht ein PDI-Prozess (Pentaho Data Integration, Datenintegrationskomponente von Pentaho) diese Daten vollkommen selbstständig ab. Nach diesem Muster existieren inzwischen eine erhebliche Anzahl von Prozessen, die alle zum Ziel haben, die Daten zwischen sonst allein stehenden Systemen fließen zu lassen. Der Arbeitsaufwand zur Datenpflege sinkt dadurch ganz erheblich bzw. werden dadurch überhaupt erst neue Funktionalitäten möglich.
Der zweite große Bereich ist dann quasi die Kür, nämlich bestimmte Datenbestände aus den verschiedenen Quellsystemen in einem Datawarehouse aufzubereiten und zu verdichten, sodass über die Analysefunktionen des Pentaho BI-Servers echte Führungsinformationen erzeugt werden. Eine Organisation wie die Bundespolizei mit über 40.000 Mitarbeitern braucht Informationen über die inneren Abläufe, um die gegebenen Ressourcen auch optimal einzusetzen. Als Beispiel nenne ich die Geovisualisierung von Kriminalitätsschwerpunkten im gesamten Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei.
Zusammenfassend geht es in unserem Projekt also um das Verbinden von monolithischen Systeme sowie das Erzeugen strategischer Führungsinformationen aus vorhandenen Datenquellen. Alle notwendigen technischen Konzepte und Umsetzungen laufen dabei über unseren Fachbereich.
Ihr neuester Projektschritt betrifft die Einführung von Realtime Analytics. Worum geht es darum und was versprechen Sie sich von Echtzeitauswertungen?
Das Verarbeiten von Echtzeitdaten gewinnt aktuell erhebliche Relevanz. Wir betreten dabei Neuland, denn bisher kam es darauf an, die Daten zwar aktuell, aber eben nicht so nah wie möglich am zugrunde liegenden Ereignis zu verarbeiten. Hintergrund ist ein Projekt zur Personalsteuerung unserer Kräfte an den 14 deutschen Flughäfen, für die die Bundespolizei zuständig ist. Entgegen der anderen Dienststellen hängt auch für die Bundespolizei der gesamte Dienstablauf am Flugplan des jeweiligen Flughafens. Jeder kennt die Situation, dass sich kurzfristig ein Flug verspätet, ausfällt oder umgeleitet wird.
Die Abläufe auf einem Flughafen sind hochgradig integriert. Das heißt, jede Prozessstelle, wie z.B. die Einreisekontrolle, muss exakt zum richtigen Moment mit der richtigen Anzahl von Beamten besetzt werden, abhängig davon, welcher Flug gerade angekommen ist. Es ist jedem klar, dass es einen erheblichen Unterschied bedeutet, ob ein kleiner Cityflieger mit 100 Passagieren gelandet ist oder der A380 Überseeflieger mit 400 Leuten an Bord. Wir fangen bei dem Projekt nicht bei Null an, aber bisher gibt es kein einheitliches System, was über alle Flughäfen hinweg die Belange der Bundespolizei passgenau abbildet.
Was hat das nun mit Realtime Analytics zu tun? Der Tagesflugplan zeichnet jede Änderung der Flugbewegungen aktuell nach. Da die Abläufe der Bundespolizei sehr stark davon abhängen, brauchen wir diese Änderungen so schnell und aktuell wie möglich. Jede Änderung muss also bei uns eine sofortige Anpassung aller Planungsdaten zur Folge haben. Darüber hinaus gibt es weitere Echtzeitdatenquellen, die zur Steuerung unserer Kräfte von Belang sein können. Die Information, ob ein Terminal oder Gate gesperrt ist, kann genau so wichtig sein wie z.B die kurzfristige Krankmeldung eines Kollegen. Nur wenn diese Informationen möglichst zeitnah bereit stehen, können sie für unsere Steuerungsprozesse genutzt werden.
Eine besondere Herausforderung ist dabei, dass wir ein zentrales System für alle unsere Flughafendienststellen bereit stellen wollen. Dieser Ansatz ist sehr weit gefasst, mit Pentaho meinen wir aber, diese Herausforderung bewältigen zu können.
Sie arbeiten schon sehr lange mit Pentaho. Wie sind Ihre Erfahrungen nach über sieben Jahren?
Waren wir zu Anfang noch ein Stück weit fasziniert von den Möglichkeiten, die auch die Community-Versionen von Pentaho bieten, sind wir heute an dem Punkt, aus der großen Toolbox von Pentaho genau die Werkzeuge heraus zu nehmen, die für die jeweilige Problemstellung passgenau sind. Insbesondere die Eingängigkeit von PDI (Pentaho Data Integration) über die Werkzeugoberfläche unterstützt die Entwicklung auch komplexer Prozesse erheblich.
Im Rückblick auf die letzten Jahre war die Nutzung insbesondere von PDI und des Pentaho BI-Server ein wesentlicher Innovationstreiber in der IT-Landschaft der Bundespolizei. Die durch Pentaho mögliche Maschinen-zu-Maschinen-Kommunikation hat deutliche Einspareffekte für sonst notwendige manuelle Tätigkeiten mit sich gebracht.
Was sind Ihre Erwartungen an das Pentaho User Meeting?
Wie bei jedem User Meeting bisher ist es einfach interessant, welche konkreten Problemstellungen im IT-Bereich an anderer Stelle existieren und wie sie gelöst werden. Das inspiriert uns auch immer wieder aufs Neue. Und es macht einfach Spaß, mit anderen “Gleichgesinnten” im Austausch zu stehen. Diese Kontakte tragen oft auch über das PUM hinaus und es gibt die Möglichkeit, ganz direkt miteinander in Kontakt zu bleiben.
Das Pentaho User Meeting findet am 6. März in Frankfurt statt. Weitere Informationen, die Agenda und Anmeldung finden Sie auf der Eventseite.
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