Use Cases für die digitale Produktion

Inhalt
Überblick behalten dank integrierter Datenbasis
Überblick behalten dank integrierter Datenbasis

In vielen Industrieunternehmen ist die digitalisierte Produktion bereits Realität. Wie eine gelungene Datenintegration und darauf basierende, smarte Prognosen dabei helfen, die Produktionseffektivität und -effizienz zu steigern, zeigen nachfolgende Beispiele aus der Praxis.

Use Case 1: Die Produktqualität verbessern

Es handelt sich in diesem Beispiel um ein Fertigungsunternehmen, das Textilbahnen mit Spezialbeschichtung für die unterschiedlichsten Anwendungsfälle, etwa LKW-Bahnen oder Zeltplanen herstellt. Produktionsbedingt können dabei Materialfehler auftreten, beispielsweise, wenn die Haftung zwischen Beschichtung und Trägermaterial unzureichend ist. Bislang hat man fehlerhafte Stellen erst bei einer manuellen Prüfung der Ware gefunden. Das ist unter zwei Gesichtspunkten problematisch:

  1. Eine visuelle Qualitätsprüfung ist fehleranfällig und hängt u.a. von der Aufmerksamkeit des Prüfers ab. Die Auslieferung schadhafter Ware führt jedoch in der Regel zu hohen Konventionalstrafen, vom Imageverlust für das Unternehmen ganz zu schweigen.
  2. Das Trägermaterial liegt auf Rollen in bestimmter Länge vor. Fällt Verschnitt an, dann wird möglicherweise die auftragsbezogene Endrollenlänge nicht erreicht und kann nicht an den Kunden ausgeliefert werden. Neben dem Materialverlust fällt zusätzlicher Aufwand an, um die Ware erneut zu produzieren.

Fehlerstellen zuverlässig erkennen und den Verschnitt reduzieren

Das Textilunternehmen setzt nun eine Lösung ein, die auftragsbezogen die Daten eines Kamerainspektionssystems in der Produktion mit denen des ERP-Systems verknüpft. Das Kamerasystem identifiziert Fehler bei der Beschichtung innerhalb eines Beschichtungsdurchlaufs. Zudem ist im ERP-System hinterlegt, welche Endrollenlänge vertraglich vereinbart ist. Aus den beiden Informationen berechnet das System nun ein optimiertes Schnittbild und stellt es dem Mitarbeiter auf einem zugehörigen Dashboard bereit. Die Daten werden zudem abgespeichert und lassen sich jederzeit für QM-Auswertungen nutzen, etwa, um durch Nachjustierungen solche Fehler zukünftig zu vermeiden.

Eingesetzte Technologien

  • Pentaho für Datenintegration und Self-Service-Analysen im Qualitätsmanagement
  • Python für die Eigenentwicklung eines statistischen Modells für die Schnittoptimierung
  • PostgreSQL für Speicherung der ERP- und Kameradaten

Use Case 2: Produktionsverzögerungen minimieren

In der Automobilindustrie ist eine Just-in-time-Beschaffung üblich. Die Hersteller sparen sich so die Kosten für Lagerhaltung, sie können schnell und flexibel die Produktion umstellen, und es wird weniger Kapital für Bauteile gebunden. Für die Zulieferer bedeutet es jedoch, dass

  • sie ihre Produktions- und Logistikplanung immer wieder und sehr kurzfristig an die Anforderungen ihrer Auftraggeber anpassen müssen und
  • es bei der eigenen Produktion zu keinen Verzögerungen kommen darf.
    Für einen Zulieferer für Abgastechnik sind extrem kurzfristige Bestellungen die Regel. Jeder Lieferverzug zieht empfindliche Konventionalstrafen nach sich. Doch vor einem unvorhergesehenen Ereignis, wie etwa einem Anlagendefekt, ist auch der Hersteller selbstverständlich nicht gefeit.

Den Technikpark optimal nutzen

Der Zulieferer benötigte daher eine Lösung, um im Fall eines Maschinenausfalls seinen Schaden so gering wie möglich zu halten. Die eingesetzte Software arbeitet mehrstufig: Zunächst prüft sie anhand der Maschinendaten der vorhandenen Anlagen, selbst an verschiedenen Standorten, ob sich eine andere Maschine für diesen Fertigungsauftrag eignet. Dann ermittelt die Lösung, indem sie auf das Produktionsplanungssystem zugreift, ob oder ab wann der Ersatz zur Verfügung steht. Schließlich berechnet sie sogar unter Einbeziehung der Vertragsdaten im ERP-System, ob es hinsichtlich der Vertragsstrafen besser wäre, einen anderen, laufenden Auftrag zurückzustellen.

Erprobtes übernehmen

Das Unternehmen setzt die Lösung weltweit in allen seinen Werken ein, um KPIs wie Rüstzeit, Durchlaufzeit oder Auslastung mit einander zu vergleichen. Außerdem werden produktionsoptimierende Maßnahmen, die sich an einem Standort offensichtlich bewährt haben, im ganzen Unternehmen ausgerollt.

Eingesetzte Technologien

  • Thingsboard für das weltweite Zusammenführen aller Maschinendaten
  • Pentaho für Data Preparation und die Visualisierung der KPIs
  • Python als statistisches Modell für die Maßnahmenoptimierung

Use Case 3: Mit Predictive Maintenance Ausfallzeiten vermeiden

Der dritte Use Case kommt aus dem Agrarbereich. Eigentlich sind die Wartungsintervalle für die chemischen Anlagen eines Düngemittelproduzenten durch den Maschinenlieferanten vorgeschrieben. Doch damit ist der Hersteller noch nicht auf der sicheren Seite. Die Krux bei festen Wartungsintervallen besteht darin, dass sie weder die Maschinenauslastung noch den Verschleiß durch besonders abrasive Düngerbestandteile, etwa bei den Siebmaschinen, berücksichtigt. Die Anlagen sind zwar mit entsprechenden Sensoren ausgestattet, die auftretende Fehler zum Beispiel in der Granulierung sofort erkennen und die Produktion stoppen, aber dann ist eine Produktionsunterbrechung bereits unvermeidlich.

Die vorausschauende Wartung

Es wurde daher eine Lösung benötigt, die vorab anzeigt, wenn sich der Maschinenzustand so verschlechtert, dass ein baldiger Ausfall droht. Dafür sind nicht nur die Maschinendaten, sondern auch Informationen zur Anlagenperipherie einzubeziehen, wie Temperatur oder Luftfeuchtigkeit, die die Fertigungsprozesse signifikant beeinflussen können. Das zugrunde liegende Machine Learning-Modell berücksichtigt also nicht nur die aktuellen Betriebsdaten, sondern auch verfahrenstechnische Zusammenhänge. Alle Messwerte müssen kontinuierlich erfasst werden, um auf Anomalien zeitnah zu reagieren. Diese lassen sich durch den Vergleich mit historischen Daten erkennen. Das System erfasst dabei sogar, welche Einzelteile betroffen und zu reparieren oder auszutauschen sind.

Eingesetzte Technologien

  • Pentaho für Data Integration, Data Preparation und Visualisierung (Dashboarding und Alerting)
  • R und Weka für die Entwicklung der Machine Learning-Modelle
  • Cloudera für Data Lake

Use Case 4: Dank Predictive Quality die Fehlerquote senken

Im vierten Beispiel geht es um Qualitätssicherung. Viele Fehler lassen sich mit dem menschlichen Auge nicht auf Anhieb erkennen. Einen Haarriss bespielweise in einem Gussteil kann der Prüfer schnell übersehen. Ist die Ursache prozessbedingt, dann tritt der gleiche Mangel bei jedem Fertigungsteil auf. Das heißt, bis sich ein Fehler so fortentwickelt hat, dass er zu erkennen ist, läuft die Produktion weiter und stellt fehlerhafte Teile oder gar Ausschuss her. Viele Unternehmen setzen deshalb Sensoren ein, die entsprechende Fehler schon früher erfassen. Doch das war einem namhaften Spritzgusslieferanten nicht genug: Das System sollte erkennen, wie relevant ein Fehler ist, der zunächst noch innerhalb der Toleranz liegt. Wird er sich so weiter entwickeln, dass das Bauteil beschädigt oder gar zerstört wird oder ist er vernachlässigbar?

Der virtuelle Qualitätsmanager lernt mit

Die Lösung ist prädiktive Qualitätssicherung: auf der Grundlage von Prozess- und Betriebsdaten entscheidet das System in Echtzeit, ob die Qualität der Endprodukte akzeptabel sein wird. Es reicht dafür nicht aus, dass es den Fehler selbst bewertet, etwa seine Größe oder Form. Weitere Parameter spielen eine nicht zu vernachlässigende Rolle, so beispielsweise der Einspritzdruck, die Materialtemperatur und der Feuchtegehalt der Umgebung. Das System erfasst, verknüpft und analysiert alle Daten und entwickelt das Prognosemodell ständig weiter – es lernt selbstständig, welche Datenkombination zu welchem Fehler führt. Damit ist es möglich, nicht nur rechtzeitig gegenzusteuern, sondern auch überflüssige Eingriffe in die Produktion zu unterbinden.

Eingesetzte Technologien

  • Pentaho in der Cloud
  • Python für Machine Learning
  • AWS-Infrastruktur für Pentaho auf AWS, in der Cloud

Fazit: Der Praxisbeweis ist erbracht

Viele Hersteller haben ihre Fertigung – von der eigentlichen Produktion bis hin zu vollständigen Wertschöpfungsketten – bereits erfolgreich digitalisiert. Sie gewinnen datenbasierte Erkenntnisse quasi in Echtzeit und können so auf der Grundlage stets aktueller Fakten ihre Entscheidungen treffen. Mit Hilfe fundierter Prognosen lassen sich die Produktqualität, die operative Effizienz und die Anlagenauslastung verbessern und Produktionsausfälle reduzieren — Wettbewerbsvorteile, die es zu nutzen gilt. Wie ist die Situation in Ihrem Unternehmen? Können Sie bereits Fertigungsdaten auswerten? Haben Sie schon alle wichtigen Anwendungen angebunden?