Open Source für die öffentliche Verwaltung

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Grenzenlose Freiheit dank offener Technologien
Grenzenlose Freiheit dank offener Technologien

In diesem Beitrag zum Thema Open Source in der öffentlichen Verwaltung geht es um die Vorteile, die sich für Behörden aus offenen Schnittstellen ergeben. Aufgaben der Datenintegration werden dadurch viel einfacher. Und weitere wichtige Treiber für den OSS-Einsatz sind Big-Data-Projekte, mit denen öffentliche Einrichtungen bislang ungenutzte Business-Intelligence-Schätze heben können.

Native offene Schnittstellen

Heute setzt sich Open Source nicht zuletzt im IT-Infrastrukturbereich der öffentlichen Verwaltung mehr und mehr durch – ob für die IT-Dokumentation, die Netzwerküberwachung oder als Ticketsystem für den Servicedesk. Neben diesen Anwendungsszenarien wird Open Source aber auch immer dann verstärkt nachgefragt, wenn Daten ausgetauscht werden müssen.
Viele Behörden müssen sich mit Datenintegration und Datenschnittstellen auseinandersetzen. Ein Beispiel dafür ist die Bundespolizei. Für die Bundespolizei geht es derzeit darum, Daten aus verschiedensten Töpfen zusammenzubringen und über standardisierte Schnittstellen mit anderen Behörden auszutauschen. Die politische Lage in Gestalt der Flüchtlingskrise hat für die Bundespolizei die Dringlichkeit, eine geeignete Lösung zu finden, wahrscheinlich noch erhöht. Mit den alten, bestehenden Systemen war es nicht möglich, alle gewünschten Daten bereitzustellen. Hier können Open-Source-Lösungen eine ihrer großen Stärken ausspielen: Sie verfügen nativ über offene Schnittstellen.

Big Data als Treiber für Open Source

Fortschritt ist digital. Und im Zuge der allgemeinen Digitalisierung wird Big Data immer wichtiger. Dem kann sich auch die öffentliche Verwaltung nicht verschließen. Nicht nur im Rahmen von Smart-City-Projekten wird Big Data bedeutsam. In der Verwaltung setzt sich die Erkenntnis durch, dass IT und Business Intelligence dazu eingesetzt werden können, öffentliche Güter – wie etwa Energie, Infrastruktur oder Ressourcen – wirtschaftlicher zu nutzen. Wenn die Nutzung dieser Güter im Rahmen von Big-Data-Projekten besser erforscht wird und man relevante Daten zusammenbringt, können Kommunen zugleich smarter und lebensfreundlicher werden – etwa durch optimierte Angebote im öffentlichen Personennahverkehr, weniger Autos in der Stadt und einen besser fließenden Individualverkehr. Die Stadt Frankfurt stellt zum Beispiel im Rahmen des Projekts „Offene Daten Frankfurt“ Verkehrsdaten zur Verfügung, die in Echtzeit aktualisiert werden. Dadurch lassen sich Staus vermeiden, weil Bürger Straßensperrungen umfahren oder gleich auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen können.

Ob also im ÖPNV, bei der Müllabfuhr oder sogar beim Geheimdienst: Daten miteinander verknüpfen und auswerten zu können, wird immer entscheidender. So arbeitet etwa auch die Rhein-Sieg Abfallwirtschaftsgesellschaft (RSAG) an einem Data-Warehouse-Projekt auf Open-Source-Basis. Das Ziel der Entsorgungsspezialisten im zweitgrößten Landkreis in NRW: das operative Geschäft besser zu überwachen, effektiver zu steuern und die Planung von Stoffströmen zu optimieren. Open Source gewinnt auch deswegen an Boden, weil in den Bereichen Big Data und Business Intelligence OSS-Lösungen stark verbreitet sind. Betrachtet man die Projekte der Apache Software Foundation wie z.B. Hadoop, so zählen die meisten bereits zu Standardlösungen für die Verarbeitung von Big-Data-Datenbeständen.

Beschaffungsprozess als Hürde

Ein wichtiges Hindernis, das Open-Source-Software (OSS) nehmen muss, um sich den Weg in die öffentliche Verwaltung zu bahnen, ist der Beschaffungs- bzw. Vergabeprozess der öffentlichen Hand. Die rechtlichen Auflagen sind weit strenger als bei einer privatwirtschaftlichen Ausschreibung. Projekte in Bundesbehörden beispielsweise müssen alle über die jeweiligen Beschaffungsämter der Bundesministerien bzw. über e-Vergabe – die Vergabeplattform des Bundes – abgewickelt werden. Gesetzliche und verwaltungstechnische Vorgangsrichtlinien zwingen Dienstleister in der Regel zu umfangreichen Anpassungen. So spielt in der öffentlichen Verwaltung beispielsweise der Schutz der Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter eine größere Rolle als in der Wirtschaft, und auch die Anforderungen an die Sicherheit sind in aller Regel höher. Die Verantwortlichen in der Behörde müssen natürlich alle vergaberechtlichen Anforderungen beachten, um nicht die Kritik der Rechnungsprüfung auf sich zu ziehen. Dies führt zu Ausschreibungen, die so komplex sind, dass sie mögliche Bieter mitunter einfach abschrecken.

Aus den richtigen Gründen – nicht zuerst die Kosten

Traditionell sind niedrigere Kosten das erste Argument, das für Open-Source-Lösungen angeführt wird. Aber auch aus der Perspektive der öffentlichen Verwaltung können andere Vorteile den Ausschlag geben. Der wichtigste Grund, Open-Source-Software einzusetzen, ist mitunter gar nicht ihre Wirtschaftlichkeit, sondern der größere Nutzen, den sie entfaltet: Oft sind die prinzipbedingte Offenheit und Flexibilität von Open Source relevanter, weil zum Beispiel Schnittstellen zu anderen Systemen gefragt sind. Wie das Datenintegrationsprojekt bei der Bundespolizei zeigt, lassen sich manche Anforderungen oft nicht anders abbilden als durch eine Open-Source-Lösung, die genau auf die (fachlichen) Anforderungen hin zugeschnitten werden kann und nicht mit unnötigen Funktionen überladen ist. Auch Zuverlässigkeit kann bei der Entscheidung ein wichtiger Aspekt sein. So laufen zum Beispiel spezialisierte Linux-Server (Proxy, DNS etc.), die man in kürzester Zeit aufsetzen kann, viele Jahre problemlos und ohne dass man sie noch einmal „anfassen“ muss.

Kompetente Unterstützung durch OSS Dienstleister

Open-Source-Software (OSS) eröffnet einer Organisation durch ihre Flexibilität natürlich viele neue Möglichkeiten. Allerdings gilt: Ein hoher Freiheitsgrad braucht auch eine kompetente Umsetzung und Betreuung. Es kann auch vorkommen, dass die geforderte Lösung erst durch einen Dienstleister auf Grundlage der gewählten Open-Source-Plattform aufgebaut werden muss. Der große Vorteil eines solchen umfassenden Customizings ist natürlich, dass der Auftraggeber am Ende mit einer besseren – weil wirklich bedarfsgerechten – Lösung dasteht (und das zu deutlich niedrigeren Kosten als bei einem kommerziellen System).

Sicherlich kann die IT-Abteilung einer Kommune und einer Landes- oder Bundesbehörde einen Teil der OS-Projekte selbst stemmen, aber sobald es komplexer wird, ist die öffentliche Verwaltung (wie übrigens auch jedes privatwirtschaftliche Unternehmen) meist gut beraten, sich professionelle Unterstützung zu suchen. Wenn eine Kommune ein großes Projekt in Angriff nehmen möchte – etwa flächendeckend von MS Exchange auf eine Open-Source-Groupware wie Zarafa zu wechseln –, wird dies ohne Unterstützung durch einen geeigneten Dienstleister kaum funktionieren.

Anforderungen an den Dienstleister

Was zeichnet einen guten Dienstleister aus? Einen, der sich als Partner für ein Open-Source-Projekt anbietet und mit dem man idealerweise auch einen Wartungsvertrag für die Zeit nach der Entwicklung und Implementierung schließt. Die technische Expertise im Open-Source-Bereich ist natürlich unerlässlich.

Oft wird in den Projekten in der öffentlichen Verwaltung aber auch die Integration neuer Open-Source-Lösungen in die bestehende IT-Landschaft eine große Rolle spielen. Dazu braucht es auch einen Blick für die übergreifenden Prozesse in der Verwaltung, die ggf. ebenfalls zu integrieren sind. Generell ist ein Dienstleister vorteilhaft, der sich in dem besonderen Umfeld der öffentlichen Verwaltung auskennt. Dazu zählt ein grundlegendes Verständnis für Verwaltungsarbeit und Vorgangsbearbeitung ebenso wie ein grober Überblick über die relevanten Vorschriften. Ansonsten ist die Gefahr groß, dass der Dienstleister mit etlichen seiner Ideen und Verbesserungsvorschlägen schlicht an den geltenden gesetzlichen Bestimmungen scheitert.

Das Fazit: Open Source als Enabler-Technologie

Open-Source-Lösungen sind eine Realität, auch für die öffentliche Verwaltung. OSS ist da, sie ist ausgereift, und sie ist in unzähligen Unternehmen und auch in immer mehr Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung erfolgreich im Einsatz. Dabei sind nicht selten Anpassungsfähigkeit und Zuverlässigkeit wichtigere Gründe für Open Source als das bloße Lizenzkostenargument. Wenngleich auch die Kosten für den OS-Dienstleister oft weit niedriger sind, als das, was die Verwaltung für entsprechende Lizenzsoftware aufzuwenden hätte.

Und Open-Source-Lösungen weisen zugleich den Weg in eine digitalisierte Zukunft, schon weil der Open-Source-Ansatz Innovationen befördert. Man denke nur an die positiven Effekte offener Ökosysteme, wie es beispielsweise Google mit Android geschaffen hat – das sich seinerseits auf Linux stützt.

Flexibilität, Businesstauglichkeit, Integrationsfähigkeit und auch ihre günstige Kostenstruktur sprechen für Open-Source-Software. Aus Sicht der öffentlichen Verwaltung gilt es ebenso wie aus Sicht der Privatwirtschaft: Open Source ist eine leistungsfähige und individuell anpassbare Enabler-Technologie, die Organisationen dazu befähigt, ihre Ziele im Rahmen der Digitalen Transformation zu erreichen.