Swissport ist die weltweit größte Servicegesellschaft für Flughäfen und Fluggesellschaften. Für die Aufbereitung von Unternehmensdaten setzt Swissport unter anderem Pentaho ein. Uwe Geercken von Swissport hat die Lösung letzte Woche auf dem Pentaho User Meeting vorgestellt. Ich habe mich mit Uwe über die von ihm entwickelte Business Rules Engine unterhalten und wie sie bei Swissport IT und Fachanwender miteinander versöhnt.
Was ist die Business Rules Engine?
Die Business Rules Engine ist eine Software, die es erlaubt, Geschäftsregeln auszuführen. Eine Geschäftsregel wäre beispielsweise „Wenn der Kunde 25 Jahre alt ist und in Frankfurt wohnt, dann führe eine Aktion aus“ – z.B. einen Rabatt kalkulieren. Die Geschäftsregeln werden in einer Applikation gepflegt und sind nicht in Software oder IT-Prozesse eingebettet. Das macht die IT-Prozesse schlanker, übersichtlicher und damit agiler bei gleichzeitig erhöhter Qualität. Durch die Auslagerung der Geschäftsregeln ist es möglich, die Verantwortung dieser Regeln an den Business-Experten zu übergeben – also jemand aus dem Betrieb, der die Regeln kennt bzw. für sie verantwortlich ist oder der sie in einem Vertrag mit dem Kunden definiert hat.
Wie bist du darauf gekommen, sie zu entwickeln?
Ich hatte in den 90er Jahren schon bei einem Projekt mitgearbeitet, bei dem eine ähnliche Idee umgesetzt worden war. Ich fand die Grundidee gut, wollte aber eine Open Source- und allgemein anwendbare Lösung schaffen. Es hat dann aber Jahre gedauert, bis ich angefangen habe – die Idee hat lange bei mir “gegärt”.
Wo siehst du bei Unternehmen den Bedarf für das Plugin?
Heute werden größtenteils Code oder Prozesse und die Geschäftsregeln in IT-Systemen gemischt. Im Verlauf der Zeit wachsen diese Prozesse und werden unübersichtlich und schlecht wartbar. Die Prozesse sind damit nicht agil anpassbar, was nicht zur Dynamik und Schnelligkeit der heutigen Zeit passt. Die Unübersichtlichkeit führt schnell zu Fehlern und verringert dadurch die Qualität. Für den Experten aus dem Business sind diese Prozesse außerdem intransparent, weil die Regeln mit IT-“Kauderwelsch” vermischt sind. Deshalb kann er oder sie nicht die Verantwortung für die Regeln übernehmen.
Wie profitieren Pentaho-Anwender davon?
Die Anwender von Pentaho bekommen ein Plugin für die Datenintegrationskomponente von Pentaho, Pentaho Data Integration (PDI), das auf Github kostenlos verfügbar ist. Das Plugin befindet sich auch schon produktiv im Einsatz. Es existiert eine Web-Applikation für die Pflege der Geschäftsregeln, die dadurch von Business-Experten (oder mit ihnen zusammen) in einer separaten Applikation orchestriert und gewartet werden können. Dokumentation und Fallbeispiele sind vorhanden. Der IT-Anwender kann sich also ganz auf seine Kernexpertise, nämlich ETL-Prozesse, Automatisierung, etc. konzentrieren.
Abgesehen vom Einsatz der Geschäftsregeln mit Pentaho kann man die Business Rule Engine und die Web-Applikation für die Pflege von Regeln auch in anderen Projekten einsetzen. Somit kann das Tool für verschiedenste Zwecke benutzt werden – das heißt, es ist universal einsetzbar, ohne dass die Geschäftslogik in verschiedenen Systemen gepflegt werden muss. Die Zentralisierung der Logik ist auch ein wichtiges Qualitätsplus und steigert die Effizienz.
Ihr setzt die Business Rules Engine bei Swissport ein. In welchem Bereich und für welche Zielsetzungen?
Wir setzen sie für die Aufbereitung der Daten – für die Verrechnung durch SAP – der von Swissport geleisteten Dienste am Flughafen an unsere Kunden (Fluggesellschaften) ein. Die ausgelagerten Geschäftsregeln sollen ermöglichen, dass ein einziger IT-Datenverarbeitungsprozess für alle Swissport-Betriebseinheiten an verschiedensten Flughäfen läuft, dabei aber gleichzeitig die Unterschiede der verschiedenen Swissport-Stationen und die Verträge mit den Kunden berücksichtigt. Genaueres zu dem Projekt habe ich auf dem Pentaho User Meeting erzählt, ein Beispiel für die Funktionsweise der Business Rules Engine findet sich hier.
Wer setzt das Plugin außer Swissport noch ein?
Die Firma Veriship setzt die Rule Engine in großem Stil ein. Sie analysieren für Kunden in Amerika die Qualität (z.B. Pünktlichkeit) und Kosten von (Massen-)Sendungen; also Briefe, Pakete und ähnliches. Basierend auf den Auswertungen nehmen sie Kostenrückforderungen und Vertragskorrekturen für den Kunden vor. Der Kunde muss sich dadurch um nichts kümmern und profitiert von besseren Verträgen und Rückzahlungen, falls Sendungen nicht entsprechend der Geschäftsbedingungen ausgeliefert wurden.
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