Die Automobilwirtschaft hat es erkannt: Daten sind das neue (Motoren)Öl. Denn die Möglichkeiten, detaillierte Fahrzeugdaten zu sammeln und zu analysieren, steigen rapide und eröffnen ganz neue Geschäftsfelder. Als „fahrender Computer“ hat sich das Auto zu einem wichtigen Schauplatz der Digitalisierung entwickelt.Nach Berechnungen von McKinsey wird die Automobilbranche bis 2030 weltweit 1,5 Billionen Dollar Umsatz mit vernetzten Diensten machen. Was bedeutet das für Fahrzeughalter und die Unternehmen?
Momentan herrscht auf den Feldern „vernetztes Auto“, „digitaler Lifestyle“ und „Mobilitätsservices“ ein Wettkampf der Ideen und Entwicklungen. Involviert sind dabei verschiedene Akteure und Branchen. Zum einen wetteifern Automobilfirmen um neue Bedienkonzepte und den Konzepten „Connectivity“ und „Autonomes Fahren“. Zum anderen warten branchenfremde Unternehmen aus den Bereichen Big Data und IT darauf, in den Automobilmarkt eintreten zu können, um einen Teil der Wertschöpfungskette zu bilden. Als „Motorenöl“ dienen dabei Daten, die als branchen- und länderunabhängige Währung fungieren.
Vernetztes und automatisiertes Fahren als Megatrend
Schon lange etabliert sind Fahrassistenzsysteme, wie zum Beispiel Einparkhilfen und Navigationsanwendungen, die Verkehrsinformationen in Echtzeit liefern. Das „Connected Car“ bietet aber wesentlich mehr: es ist ein Fahrzeug, das selbständig fährt und mit anderen Autos (car2car) und dem Umfeld (car2x) vernetzt ist, also z.B. Verkehrszeichen, Ampeln oder Schranken. So soll das Fahren unterhaltsamer, sicherer und komfortabler werden. Daraus ergeben sich allerdings eine Menge Fragen – rechtlicher und sicherheitstechnischer Natur – die noch zu klären sind.Vergiss den Stau und lebe!
Bereits heute erkennen moderne Navigationssysteme zähfließenden Verkehr, Staus oder Ampelschaltungen und ermitteln Alternativrouten, um Verkehrsbehinderungen zu umfahren. Der Fahrer kann dadurch viel Zeit sparen. Alle führenden Automobilhersteller bauen die zugrunde liegenden Technologien bereits in ihre Fahrzeuge ein. Car-Net-Dienste genannt, kommunizieren diese Services miteinander und melden ihre Daten an zentrale Stellen, wo diese ausgewertet und mit neuen Informationen angereichert zurückgeschickt werden. Solche Systeme sollen zu einer höheren Sicherheit beitragen. Das ist aber nicht das einzige Thema in diesem Bereich: der Komfort-Aspekt ist mindestens ebenso wichtig, verspricht er doch hohe Umsätze.Car sweet car: das Auto als Zuhause
Das Auto als vernetztes Device: Unterhaltungsangebote, Verkehrs- und Wetterradarinformationen sowie Internet verwandeln das Fahrzeug gleichermaßen in ein rollendes Büro und Wohnzimmer. Die Anbieter wollen dem Kunden ein umfassendes digitales Angebot in und um sein Auto bieten. Von aktuellen und exakten Verkehrsdaten über die Überwachung und Fernbedienung von Fahrzeugfunktionen bis hin zu individuell abgestimmten Online-Diensten erhält der Fahrer ein digitales Umfeld, das er schon von seinen Mobilgeräten kennt und schätzt.Branchenvisionäre skizzieren dabei die verschiedensten Zukunftsszenarien: Der Fahrersitz misst physiologische Daten wie z.B. die Atemfrequenz oder den Herzschlag des Autolenkers und informiert bei kritischen Werten einen Arzt. Die Luft im Wageninneren wird durch die Bordelektronik analysiert und schaltet ab einem bestimmten Alkoholgehalt (in der Atemluft des Fahrers) selbständig die Fahrautomatik ab. Unterschiedlichste Sensoren erfassen die Stimmung des Fahrers und spielen je nach Gemütslage passende Musik ab, um ein entspanntes und damit sichereres Fahren zu fördern.
Krieg der Welten: IT dringt in Automobilwelt ein
Alle vom Fahrzeug selbst erhobenen Daten werden durch die Vernetzung übermittel- und nutzbar. Sowohl Autoindustrie als auch IT-, BI- und App-Unternehmen verfügen damit über wertvolle „Ölvorkommen“ – verwertbare Daten. Natürlich besitzt eine solche massive Datenerhebung auch ihre Schattenseiten. Beispielsweise wirft sie die Frage nach dem Eigentümer dieser Daten auf – ist es der Fahrer, die Softwarefirma der App, der Automobilhersteller oder das Mobilfunkunternehmen, welche das Übertragungsnetz zur Verfügung stellt? Und wer darf die Daten wie nutzen?Wie erfolgreiche Hackerangriffe auf Googles selbst fahrendes Autos gezeigt haben, darf auch das Thema der Fahrzeugsicherheit nicht unterschätzen werden. Haftungsfragen bei Unfällen und Persönlichkeitsrechte sind ebenfalls zu berücksichtigen. Wie in allen Branchen, in denen massenhaft Daten anfallen, muss die Frage nach der Speicherung, Verwaltung und Analyse dieser Daten gestellt werden. Durch die Analyse der Daten wird natürlich einerseits neuer Nutzen für die Fahrer und Produktinnovationen bei den Herstellern geschaffen. Andererseits können sie auch genutzt werden, um Fahrer zu überwachen und Bewegungsprofile anzulegen. Neue Möglichkeiten und Chancen stehen Gefahren dieser neuen „Benutzertransparenz“ gegenüber.
Radikale Veränderungen
Fazit: Die automobile Welt wird sich durch die Vernetzung der Teilnehmer radikal ändern. IT-Unternehmen werden durch die intelligente Aufbereitung und Verfügbarmachung von Verkehrs- und Fahrzeugdaten neue Erlebniswelten für den Fahrer bereitstellen. In der Vernetzung von Autos mit Umwelt, Infrastruktur und Internet liegt riesiges Potenzial. Sicherheit, Komfort und Infotainment werden sich beim Autofahren durch die Car-to-X-Kommunikation grundlegend wandeln. Die Risiken sollten jedoch nicht aus den Augen verloren werden: bei der Nutzung der sensiblen Daten müssen Sicherheit und Datenschutz gewährleistet sein.